Wenn man schon etwas länger in Taipeh lebt, dann hat man relativ schnell alle Sehenswürdigkeiten gesehen. Zumindest die bekannten, die in keinem Reiseführer fehlen, wie z.B. Präsidentenpalast, Honglou Theater in Ximen, der Mengjia Longshan-Tempel und selbstverständlich Taipei 101. Bei mir kam schnell das Gefühl auf, dass es in Taipeh nicht viel zu sehen gibt und es auch nicht wirklich viele historische Gebäude gibt. Bis ich eines Tages mal etwas genauer auf einen der Umgebungspläne in einer MRT Station geschaut habe. Diese Pläne gibt es in jeder Station und zeigen was es so alles Nützliches im Umkreis von einigen 100 Metern gibt, wie z.B. Youbike Stationen, Banken, Polizeistationen, Tempel und vieles mehr.
Hier ein Beispiel für einen Umgebungsplan der Zhongshan MRT Station:
Auf vielen Plänen gibt es dann noch das Symbol für historic sites:
Das sieht dann in der Karte so aus:
Neben den bekannten Sehenswürdigkeiten, kann man so einige gut versteckte Juwelen finden. Und nebenbei auch einiges über die Stadtgeschichte lernen. Fast alle historischen Gebäuden haben eine kurze englische Erklärung und viele können auch besichtigt werden oder beherbergen thematische Ausstellungen.
So habe ich eine Überraschung in meiner Nachbarschaft gefunden. Versteckt in einer kleinen Seitenstraße und verdeckt durch die Gebäude der Longmen Junior High School befindet sich das Anwesen der Huang Familie, ein wunderschönes traditionelles taiwanisches Wohnhaus. Jahrelang bin ich auf der Rückseite dran vorbei gelaufen und hab auch nie in die Seitenstraße geblickt. Es ist ein tolles Gefühl, Taipeh plötzlich wieder neu zu entdecken.
Hier sind einige Beispiele von bekannten und (zumindest mir) weniger bekannten historischen Gebäuden.
Beimen – Das nördliche Stadttor. Seit der Umgestaltung der Umgebung, ist das Tor eine ziemlich bekannte Sehenswürdigkeit und sehr beliebtes Fotomotiv.
Taipei Grand Mosque – Die grosse Moschee von Taipei am Da’an Park.
Songshan Tobacco Plant – Die ehemalige Tabakfabrik, heißt jetzt Songshan Culture and Creative Park und beherbergt Ausstellung, Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten.
Taipei Railway Workshop – Nördlich des Songshan Tobacco Plant, war das größte Eisenbahnausbesserungswerk in Taiwan. Zur Zeit liegt die Anlage brach, soll aber in ein Eisenbahnmuseum umgewandelt werden.
Reste der Außenmauer des Taipei Gefängnis – Sieht nicht spektakulär aus, aber die Geschichte hinter dem Gefängnis ist sehr interessant. Hier wurden kurz vor Ende des 2. Weltkrieges US-Amerikanische Piloten, die von den Japanern gefangen genommen wurden, in einem Scheinprozess zum Tode verurteilt und im Innenhof hingerichtet. Das Gefängnis befand sich bis in die Mitte der 1970er Jahre zwischen CKS Memorial Hall und Dongmen, und damit mitten im Stadtzentrum.
Anwesen von Koo Xianrong in Dadaocheng – Erbaut ca. 1920 im damals sehr populären Stilmix aus chinesischen und europäischen Elementen. Gebäude dieser Art wurden als Firmensitz oder Botschaft genutzt. Später haben wohlhabende Geschäftsleute diesen Stil für private Anwesen übernommen.
Glockenturm des Donghe Tempels – Mein persönliches Highlight. Der Glockenturm befindet sich an der Ren’ai Road nördlich des CKS Memorials. Er wurde 1908 errichtet und gehört zu einem japanischen Zen Buddhist Tempel.
Anwesen der Huang Family – Befindet sich hinter der Longmen Junior High School an der Ecke Xinhai – Jianguo Road. Ein sehr großes und restauriertes Anwesen, dass man scheinbar auch besichtigen kann. Die Entdeckung war eine große Überraschung für mich, da ich sehr oft in der Gegend war, aber immer nur an der Vorderseite der Schule vorbeigekommen bin.
Einen kleinen Nachteil hat diese Methode, denn man findet nur Gebäude in der Nähe einer MRT Station. In Google Maps sind historische Gebäude auch eingetragen und wenn man die Geduld hat, kann man so ganz Taipeh nach weiteren historischen Gebäuden absuchen.
PS: Falls sich jemand über die Bildqualität wundert. Ich habe alle Fotos aus Spaß mit Film fotografiert. Für die Interessierten: Kodak Ektar 100 und Fujicolor PRO 400H.