Ein Teil meiner Forschungsarbeit beschäftigt sich mit der Plastikverschmutzung in Taiwan. Genauer gesagt, untersuche ich das Vorkommen, die Verbreitung und den Transport von Mikroplastik. Das sind Plastikpartikel, die kleiner als 5 mm sind und bis wenige Mikro- oder Nanometer klein sein können.
Das Foto zeigt eine kleine Auswahl an Mikroplastik (<5 mm) und Mesoplastik (<25 mm). Die Partikel wurden am Strand von Dawulun (大武崙海灘) gesammelt.
Mikroplastikpartikel sind inzwischen global verbreitet und man findet sie in Ozeanen, Flüssen, Seen, an Stränden und in vielen anderen Ökosystemen. Da die Partikel von vielen Tieren als Nahrung gehalten und gefressen werden, stellen sie ein großes Problem für die Umwelt dar. In meiner Forschung gehe ich den Fragen nach: Wo kommen die sekundären Mikroplastikpartikel her? Wie verbreiten sie sich und wo werden sie abgelagert? Es ist natürlich offensichtlich, dass die Partikel von größeren Plastikstücken stammen. Es ist auch relativ gut bekannt wie Plastik durch Umwelteinflüsse zerstört wird. Aber es ist nicht klar wo es genau passiert. Ein großer Teil der Plastikpartikel schwimmt im Ozean und wird an den Stränden wieder abgelagert.
Nahaufnahme vom Strand in Jinshan (金山). Die bunten Partikel sind aus Plastik. Die Konzentration von Mikroplastik ist am Strand stellenweise so hoch, dass man die Partikel schon von weitem sehen kann.
Was dann mit ihnen passiert ist nicht ganz klar. Vermutlich bleibt ein Teil im Sand begraben, ein weiterer Teil wird beim nächsten Sturm wieder in den Ozean gespült, und ein weiterer Teil wird möglicherweise weiter in das Landesinnere transportiert. Denn anhand meiner Beobachtungen scheint es, dass viele Partikel durch den Wind von der Hochwasserlinie über den Strand bis in die Dünen und dann weiter in das Landesinnere transportiert werden und dadurch auch terrestrische Ökosysteme gefährden könnten.
Um diesen Fragen nachzugehen, bin ich diesen Sommer viel an der Nordküste Taiwans unterwegs um Proben zu nehmen. Dabei dokumentiere ich auch die Verschmutzung der Strände. Die Fotos hier sind alle im Juli und August 2017 am selben Strand in Jinshan entstanden.
Eines meiner Arbeitsgebiete. Der Strand zwischen Yehliu und Jinshan. Im Vordergrund sehr gut zu sehen, wie der natürliche Strand durch Bauarbeiten zerstört wird.
Ich habe nicht jedes Stück Plastikmüll fotografiert, sondern nur Dinge, die mir besonders aufgefallen sind. In Jinshan wird der Müll in der Regel gemeinsam mit Treibholz an den Strand gespült. Allein schon die Menge an Treibholz fand ich sehr beeindruckend. Vermutlich wird ein grosser Teil davon von den beiden Flüssen, die aus dem Yangmingshan kommen und in Jinshan ins Meer münden, geliefert.
Das Treibholz wird entlang der Sturmlinie zusammengespült. Eigentlich nichts unnatürliches, wären da nicht die großen Mengen Müll dazwischen.
Generell findet man am Strand neben Plastikmüll alles was schwimmt. Sehr viel Styropor wie in den beiden nächsten Bildern zu sehen. Es sind hauptsächlich Reste von Boxen und Bojen die auf Fischerbooten verwendet werden. Das Styropor zerbricht sehr leicht in winzig kleine Teile, die dann weiter über den Strand und bis in die Dünen geweht werden.
Jede Menge Styropor vermischt mit Treibholz und anderem Müll. Man findet auch praktische Sachen, wie z.B. einen Motorradhelm.
Neben Bojen findet man noch weitere Boots-, Fischerei- und Anglerausrüstung. Sehr häufig sind Reste von Fischnetzen und diese kleinen Schwimmer mit denen die Netz an der Wasseroberfläche gehalten werden.
Interessant fand ich, dass man kaum große Plastikstücke findet. Selbst nach einem Sturm oder Taifun, gab es keine großen Müllstück am Strand. Mehr dazu etwas später.
Es gibt Unmengen von Feuerzeugen am Strand.
Diese Plastikboxen findet man sehr oft. Ich frage mich welchen Zweck sie erfüllen? Wer eine Antwort hat, bitte unten in die Kommentare schreiben.
Der Plastikbeutel mit der Nummer 7 war nicht von mir. Da war wohl jemand anderes am Strand und wollte Proben nehmen.
Mhhh…. eine Plastikerdbeere.
Das war natürlich ein Glücksfund für mich, ein Objektivdeckel!
Eine Sache fand ich verwunderlich. Man findet keine PET oder andere Kunststoffflaschen am Strand. Ich vermute, dass die PET Flaschen eingesammelt werden. Denn PET ist ein Kunststoff der gut recycelt werden kann. Da PET Flaschen rein sind, also keine Verbundstoffe, sind sie begehrter Rohstoff. Jedoch während einer Geländekampagne konnte ich beobachten, wie PET Flaschen angespült werden. Die Strömung oder Windrichtung hat sich geändert und plötzlich tauchten viele Punkte auf dem Wasser auf. Bei näherem hinsehen waren es Plastikflaschen, die relativ schnell an den Strand gespült wurden und dort, wie auf einer Kette aufgereit, an der Hochwasserlinie liegen blieben. Das war für mich der Beweis, dass es PET Flaschen im Meer gibt und das diese auch an den Strand gespült werden.
PET Flaschen frisch aus dem Meer. Die meisten sahen relativ gut aus. Vermutlich waren sie noch nicht sehr lange im Meer unterwegs.
Neben Plastikflaschen findet man auch grosse Mengen an Glasflaschen. Es gibt zwei dominante Gruppen: Flaschen die etwas hochprozentiges (Whisky, Kaoliang, etc.) enthalten haben und braune Paolyta B Flaschen. Diese liegen in rauen Mengen am Strand. Paolyta B ist neben Whisbih eine Art Energydrink aus Taiwan. Whisbih wird auch in braunen Flaschen verkauft, aber mir sind keine Whisbihflaschen am Strand aufgefallen.
Paolyta B Flasche. Diese hatte noch ausnahmsweise das Etikett und dadurch war es sehr einfach die Flaschen zuzuordnen.
Im Vordergrund und im Hintergrund links jeweils eine Paolyta B Flasche. In der Flasche im Hintergrund rechts, könnte Kaoliang gewesen sein.
Neben Getränkeflaschen kann man auch andere Glasflaschen finden. Zum Beispiel sind mir zahlreiche Impfstoffflaschen aufgefallen. Die Flasche im unteren Bild enthielt laut Beschriftung Lincomycin. Ein Antibiotikum das häufig in der Tiermedizin verwendet wird. Ich vermute mal, dass diese Flaschen aus Tierfarmen kommen. Grössere Mengen medizinischen Abfall habe ich zum Glück nicht am Strand gesehen. Das ist in Hong Kong ein grosses Problem (siehe Artikel vom Juni 2017).
Drei Tage nachdem Taifun Nesat und der Tropensturm Haitang Taiwan überquert hatten, war ich nochmal am Strand. Eigentlich erwartete ich dort eine gigantische Menge Müll zu finden. Es war dann doch ganz anders als gedacht. Es lag zwar viel Müll am Strand, aber im Gegensatz zu vorher, war alles sehr gleichmässig verteilt, mit Sand überdeckt und der Strand sah sehr gleichmässig, fast schon planiert aus. Durch die Stürme war der Strand bis zu den Dünen komplett überflutet. Jetzt nach dem Sturm waren auch viel mehr Plastikflaschen da. Dafür fehlte das Styropor. Vermutlich wurde es durch den Sturm entweder weiter ins Landesinnere transportiert oder durch die Wellen wieder zurück ins Meer gespült.
Zum Abschluss noch etwas, dass mich total fasziniert hat: Schuhe. Es gibt eine unglaubliche Menge an Schuhen die angespült wurden. Am häufigsten waren es die blauen taiwanesischen Flip-Flops. Hier eine kleine Auswahl der Jinshan Schuhkollektion Sommer 2017:
Der Schuh war schon etwas länger im Wasser unterwegs, wie man schön an den zahlreichen Seepocken sehen kann.
Wer sich bis hierher durch den Artikel gearbeitet hat und noch immer Interesse an dem Thema hat, dem Empfehle ich diese Internetseite zum Thema „Müll im Meer“ vom Alfred-Wegener-Institut. Hier wird nochmal alles verständlich und umfassend erklärt.
Dann gibt es auf Chinesisch einen Artikel über meine Arbeit und das Problem der Plastikverschmutzung in Taiwan von 報導者 The Reporter.
Und für die, die es ganz wissenschaftlich haben wollen, dies ist meine erste Publikation über die Verschmutzung an Taiwans Stränden mit Mikroplastik. Das war zu meiner Überraschung die erste Arbeit zu dem Thema in Taiwan.
An Islands Westfjorden werden hauptsächlich richtig große Baumstämme angeschwämmt die kommen aus Sibirien und sind angeblich 11 Jahre am Meer unterwegs. Das Holz ist sehr begehrt und überall wo nicht gerade ein Naturschutzgebiet ist wird es peniebel gestapelt unter später dann verkauft. Ansonsten werden sehr viel Bojen und Fischernetze angeschwämmt… Wir haben da zwischendurch mal gescherzt aus den knall orangen Bojen upgecyclete Hipsterlampen zu bauen und die überteuert zu verkaufen ;).
Ansonsten ist es ja wirklich erschreckend wie manche Strände ausschauen. Da hast du dir zwar ein spannendes aber auch irgendwie frustrierendes Forschungsfeld ausgesucht.
THX für die interessante Fotostrecke und die Einblicke in deine Arbeit.
LG Peter
Interessante Idee mit den Hipsterlampen. Damit koennte ich mir etwas nebenbei verdienen 😉 Ich finde es einfach nur krass wie viel Muell im Meer schwimmt. Das was an die Straende gespuelt wird, ist in der Regel nur ein ganz kleiner Teil von dem Muell der weiter draussen im Meer treibt. Es ist auch erschreckend, dass inzwischen der Muell ueberall ist. Selbst an Orten die von der Zivilisation weit entlegen sind, findet man angespuelten Muell.
Hallo Alex,
die rote Box nach der Du gefragt hast ist vermutlich ein Behälter, der sich aus einer Aquakultur losgerissen hat. Habe am Wochenende Ähnliches in Matzu gesehen.