Nachdem vor einigen Jahren Softeis einen großen Hype in Taiwan erlebt hat, zeichnet sich nun ein neuer Trend ab – zumindest in Taipeh. In den letzten Monaten ist mir aufgefallen, dass immer mehr kleine Spielhallen aus dem Boden schießen, in denen dicht gedrängt Greifautomaten stehen. Auffällig ist, wie schnell sich diese Spielhallen an verschiedenen Orten in Taipeh etablieren. Wie bei jedem Hype in Taiwan scheint auch hier die Zahl der Spielhallen rasant zuzunehmen.
Die ersten Anzeichen des Trends
Als die ersten Spielhallen im letzten Jahr eröffneten, maß ich dem zunächst keine große Bedeutung bei. Solche Läden mit Greifautomaten und anderen Glücksspielgeräten gab es in Taipeh zwar schon, doch waren sie rar gesät und über die Stadt verstreut. Erst als in meiner unmittelbaren Nachbarschaft ein Laden nach dem anderen aufmachte, weckte das mein Interesse. Inzwischen gibt es fünf dieser Spielhallen in meiner direkten Umgebung. Auch aus anderen Stadtteilen Taipehs habe ich gehört, dass sich das Bild ähnelt. Während ich diesen Artikel schreibe, hat eine der Spielhallen allerdings schon wieder geschlossen.
Das Geschäftsmodell hinter den Spielhallen
Meine Neugierde veranlasste mich zu einer kleinen Recherche im Internet, um herauszufinden, was hinter diesem Trend steckt. In einem Artikel der Taipei Times wird das Geschäftsmodell beschrieben:
Das Konzept der Spielhallen voller Greifautomaten wird als einfacher und bequemer Weg angepriesen, nebenher Geld zu verdienen. Angeblich amortisiert sich das Geschäft bereits nach einem Jahr, und die Betreiber sollen mit den Maschinen bis zu 150.000 NT$ (ca. 4.300 EUR) pro Monat verdienen können.
So funktioniert es:
Der Betreiber der Spielhalle richtet alles ein, mietet also einen Laden, baut ihn um und kauft bis zu 30 Greifautomaten. Das soll insgesamt unter 1 Million NT$ (ca. 30.000 EUR) kosten. Anschließend vermietet der Betreiber jede Maschine für 5.000 NT$ (ca. 140 EUR) an Personen, die selbst einen Greifautomaten betreiben und damit Gewinn machen wollen. So könnte ein Betreiber mit 30 Maschinen theoretisch 150.000 NT$ pro Monat verdienen.
Der Mieter eines solchen Automaten verdient sein Geld dann durch die Einsätze der Spieler und ist verantwortlich für die Wartung sowie das Auffüllen der Preise. Er kann den Schwierigkeitsgrad der Maschine einstellen und somit die Gewinnausschüttung und Einnahmen steuern. Im Durchschnitt soll ein Mieter mit einem Automaten zwischen 3.000 und 5.000 NT$ pro Monat verdienen.
Alternativ könnte der Betreiber die Automaten selbst betreiben und mit den Einsätzen der Spieler seinen Gewinn erzielen, hätte dann aber den zusätzlichen Aufwand, sich um die Maschinen zu kümmern.
Zweifel am Geschäftsmodell
Als Wissenschaftler und nicht als Geschäftsmann sehe ich vielleicht nicht das Geniale an diesem Geschäftsmodell und verpasse womöglich gerade eine einmalige Gelegenheit, reich zu werden. Für mich klingt das alles jedoch eher dubios.
Es wirft Fragen auf, warum jemand so eine Maschine mieten sollte, wenn man damit kaum mehr als die Miete deckt. Falls niemand spielt, macht man gar keinen Gewinn. Zudem, was ist mit den Kosten für die Preise?
Auch wenn die Preise in den Maschinen nicht hochwertig sind, sind sie nicht kostenlos. Für den Betreiber scheint das Ganze ebenfalls nicht sonderlich lukrativ zu sein, denn die Miete für den Laden wurde in der rosigen Kalkulation gar nicht berücksichtigt. Daher zweifle ich daran, dass sich ein solches Geschäft wirklich nach nur einem Jahr amortisieren soll.
Zukunftsaussichten des Trends
Vielleicht lohnt es sich für Ladenbesitzer, die Automaten selbst zu betreiben. Doch ich bezweifle, ob der monatliche Gewinn aus diesen Maschinen die Miete übersteigt, die man von einem Mieter mit einem herkömmlichen Geschäft einnehmen könnte. Hinzu kommt, dass inzwischen so viele dieser Spielhallen existieren, dass sie sich gegenseitig die Kundschaft wegnehmen. Wirklich überlaufen sind sie auch nicht. Immer wenn ich an solchen Spielhallen vorbeigehe, sehe ich nur selten jemanden darin spielen. Einige dieser Hallen liegen zudem sehr ungünstig, sodass die Wahrscheinlichkeit, dass ausreichend Laufkundschaft vorbeikommt, gering ist.
Meiner Meinung nach sind die eigentlichen Gewinner die Ladenbesitzer, die ihre leerstehenden Räume endlich wieder vermieten können, sowie die Hersteller und Lieferanten der Greifautomaten.
Fazit und Ausblick
Ich habe beschlossen, die Entwicklung dieses Hypes ein wenig zu dokumentieren und zu beobachten, wie lange sich die Spielhallen in meiner Nachbarschaft halten. In unregelmäßigen Abständen werde ich weitere Artikel zu diesem Thema veröffentlichen. Meine Vermutung ist, dass dieser Trend bis Ende des Jahres wieder abklingen wird.
Greifautomaten-Spielhallen in meiner Nachbarschaft
No. 1: Wuxing Street, Lane 156, No. 35
Diese Spielhalle ist die älteste in der Gegend und war lange Zeit auch die einzige. Laut Google Streetview und aus meinen eigenen Beobachtungen, wurde die Spielhalle zwischen 2014 und 2016 eröffnet. In 2017 wurde sie umgebaut und neue Automaten aufgestellt.
No. 2: Jiaxing Street 212
Wenn ich mich korrekt erinnere, war das die zweite Spielhalle in meiner Gegend die eröffnet hat. Vorher befand sich hier eine Vermietung für Motorräder. Der Laden stand etwa ein halbes Jahr leer. In der zweiten Hälfte 2017 wurden die Automaten aufgestellt.
No. 3: Wuxing Street, Lane 156, No. 28
Bin mir nicht ganz sicher, ob das Nummer 3 oder 4 war. Laut Google Streetview war hier vorher ein Aquaristik Geschäft drin. Vermutlich seit Ende 2014 stand der Laden leer. Zwischen 2014 und 2017 gibt es keine Streetview aufnahmen und ich kann mich auch nicht daran erinnern, jemals ein Geschäft drinnen gesehen zu haben. In der zweiten Hälfte 2017 wurde die Spielhalle dort eröffnet.
No. 4: Jiaxing Street, Lane 216, No. 17?
Hat auch in der zweiten Hälfte 2017 eröffnet. Vorher war hier eine Kosmetikerin oder etwas mit Hautpflege drin, dann hat jemand erfolglos versucht Sandwiches zu verkaufen, bis dann die Spielhalle kam. Die Spielhalle hat um den 25. März 2018 wieder dicht gemacht.
No. 5: Keelung Road, Section 2, Nr. 134-140
Hier war bis Mitte 2017 ein Tierfachgeschäft drin. Seit Ende 2017 ist dort eine Spielhalle drin.
No. 6: Keelung Road, Section 2, Nr. 117
Hier war die Bar Beer & Cheese. Der Laden stand fast ein Jahr leer, obwohl die Lage ziemlich attraktiv ist. Seit 23. März 2018 ist dort eine Spielhalle drin. Ich tippe darauf, dass sich diese Spielhalle am längsten halten wird. Sie liegt direkt an einer stark frequentierten Bushaltestelle, ein Restaurant ist gleich um die Ecke und es befinden sich viele weitere Geschäfte entlang der Straße. Von daher ist hier mit einem hohen Aufkommen an Laufkundschaft zu erwarten.
Karte
Auf der Karte sind die oben vorgestellten Spielhallen eingetragen. Sie soll auch zeigen, wie nahe die Spielhallen beieinander liegen.
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