Daan Park: Eine grüne Oase nach 60 Jahren Planung

Der Daan Park, der sich im Herzen von Taipeh befindet, erstreckt sich über eine Fläche von 26 Hektar und ist somit der größte öffentliche Park der Stadt. Der chinesische Name des Parks, 大安森林公園 (dà’ān sēnlín gōngyuán), bedeutet so viel wie “Daan Forest Park”. Inmitten des dicht bebauten Stadtgebiets bildet der Daan Park eine wunderbare grüne Oase und erfreut sich großer Beliebtheit für diverse Freizeitaktivitäten.

Beim Spaziergang durch den Park hat man den Eindruck, dass er schon immer ein integraler Bestandteil der Stadt gewesen ist. Tatsächlich ist er jedoch vergleichsweise jung, da er erst am 29. März 1994 eröffnet wurde. Die Geschichte, wie der Stadtteil früher aussah und wie der Daan Park entstand, ist äußerst interessant, und genau diese Geschichte möchte ich Ihnen hier erzählen.

Daan Park in Taipei

Von seiner Gestaltung ist der Daan Park mit einem Volks- oder Stadtgarten in Deutschland vergleichbar. Wobei im internationalen Vergleich mit anderen Stadt- oder Volksgärten der Daan Park sehr klein ist.

Größenvergleich verschiedener Stadtparks mit dem Daan Park. Zur größeren Ansicht auf das Bild klicken.

Erste Pläne für den Daan Park bereits 1932

Die ersten Pläne für einen Park an diesem Standort gehen auf das Jahr 1932 zurück. Zu dieser Zeit, während der japanischen Besatzung, wurden insgesamt 17 Parkanlagen für Taipeh geplant. Der Daan Park war als der siebte Park vorgesehen. Aufgrund des Zweiten Weltkriegs wurden die Pläne jedoch vorübergehend auf Eis gelegt.

Das Luftbild aus dem Jahr 1945 wurde vor der Bombardierung Taipehs durch die Alliierten (U.S. Air Force) aufgenommen. Zu dieser Zeit war Daan noch eine sehr ländliche Gegend, obwohl bereits das zukünftige Straßennetz erkennbar war. Die Nummern auf dem Luftbild entsprechen den heutigen Straßen:

  1. Xinsheng South Road (新生南路)
  2. Heping East Road (和平東路)
  3. Xinyi Road (信義路)
  4. Jianguo South Road (建國南路) und Jianguo Elevated Road (建國高架道路) werden hier entstehen.
  5. Heute ist hier die Jinhua Junior High School (金華國中). Aber schon 1945 war es eine Schule.
Daan Park aerial image 1945

In der Mitte der Xinsheng South Road verlief ein Kanal, der auf dem Luftbild nicht deutlich zu erkennen ist. Dieser Kanal erstreckte sich von Gongguan nach Norden und mündete zwischen dem Minzu Park (民族公園) und dem Xinsheng Park/Taipei Flower Expo Park (花博公園 新生園區) in den Keelung River. Heute folgen die Xinsheng South Road und die Xinsheng Elevated Road genau dem Verlauf dieses alten Kanals, und an der Mündung existiert der Kanal noch. Es ist jedoch unklar, ob der Kanal heute noch vollständig erhalten ist oder nur teilweise. An der Xinsheng South Road in Gongguan, nicht weit vom Haupteingang der National Taiwan University, befindet sich eine Tafel, die an den alten Kanal erinnert.

Liugong Kanal Gongguan near NTU
Auf der Tafel steht: 瑠公圳原址 (liú gōng zhèn yuánzhǐ) was in etwa heißt: der Ort des Liugong Kanals.

1956 Wiederaufnahme der Pläne

Im Mai 1956 wurden die Pläne für den Daan Park wieder aufgenommen, und das Gebiet zwischen Xinsheng South Road im Westen, Xinyi Road im Norden und Heping East Road im Süden wurde offiziell als Standort für den Park festgelegt.

Innerhalb von nur 12 Jahren hat sich die Gegend stark verändert und wurde nahezu vollständig bebaut. Auf dem Gelände wurden nicht nur Häuser für die Soldaten der KMT-Truppen errichtet, sondern auch das International House sowie zahlreiche illegale Wohnhäuser.

Daan Park aerial image from 1958

Auf dem Luftbild von 1965 ist zu erkennen, dass das Gelände weiterhin bebaut wurde. Im östlichen Teil des Areals gab es noch freie Flächen. Zu diesem Zeitpunkt war die Moschee bereits errichtet worden, wie durch den Pfeil angezeigt.

Daan Park aerial image from 1965

Im Laufe der Jahre verdichtete sich die Bebauung auf dem Areal zunehmend, und es entstanden immer mehr kleine Häuser. Der Kanal, der sich einst in der Mitte der Xinsheng South Road befand, wurde entfernt, und die Straße wurde verbreitert.

Daan Park aerial image from 1973

Konkrete Planungen begannen 1974

Im April 1974 begannen die konkreten Planungen für den Bau des Daan Parks, fast 20 Jahre nach den ersten Beschlüssen.

In den 1980er Jahren fanden zahlreiche Diskussionen zwischen der Stadtverwaltung, Bürgerinitiativen und Umweltschutzgruppen über den Bau eines Stadions im Daan Park statt. Da es zu dieser Zeit in Taipeh kein großes Stadion gab, wurde der Park als möglicher Standort für ein Stadium mit maximal 30.000 Plätzen in Betracht gezogen. Umweltschutzgruppen sprachen sich jedoch für die Beibehaltung eines reinen Parks aus, wie es im ursprünglichen Bebauungsplan vorgesehen war. Weitere Argumente gegen das Stadion waren das zu erwartende hohe Verkehrsaufkommen, Finanzierungsprobleme und Änderungen am Bebauungsplan.

Nach zahlreichen Diskussionen, Umfragen und Gutachten beschloss die Stadtverwaltung im März 1989, den Daan Park als reinen Park zu gestalten, wie es ursprünglich geplant war. Im Juni 1989 wurde der Abriss der Gebäude auf dem zukünftigen Parkgelände beschlossen.

Das letzte Luftbild zeigt den Zustand kurz vor dem Abriss der Gebäude im Jahr 1991. Das Gelände war damals komplett und dicht bebaut. Die Jianguo South Road und die Jianguo Elevated Road begrenzen nun den östlichen Teil des Parks.

Daan Park aerial image from 1991

Anfang der 90er Jahre war Taipei noch längst nicht so entwickelt wie wir es heute kennen. Der ÖPNV beschränkte sich auf Busse, die sich ohne designierte Busfahrbahnen durch die Stadt kämpften. Motorroller waren damals grösstenteils noch Zweitakt, was die Luftqualität verschlechterte. Dazu kam der Gestank von vielen kleinen Müllbergen, denn damals schmiss man seine Mülltüte jederzeit auf designierte Spots am Strassenrand; Abends kam dann der Müllwagen vorbei.

Und auch fehlte es an öffentlichen Parks. Zu der Zeit lebten noch viele ehemalige KMT-Veteranen in Taiwan – sie genossen Vorteile und diese zu beschneiden, bedeutete für die KMT ein Verlust von Wählerstimmen. Deswegen wurden die über Taipei verteilten Siedlungen für Veteranen geduldet, obwohl viele davon unreguliert und auf Slum-Niveau waren. Der jetzige DaAn Park war sicherlich eine der grössten Siedlungen.

Grösstenteils bestand das Gebiet aus einstöckigen Holzhütten, die aus der Ferne ganz urig aussahen. Ich erinnere mich daran, dass durch die Mitte dieses Slums (Parallel zum Jianguo Expressway) eine zweispurige Strasse ging. Der Rest des Gebietes war nur mit kleinen Gassen vernetzt – da wollte man aber nicht freiwillig reingehen.
Kurz nach der Eröffnung machte das Gerücht die Runde, dass im See des Parks ein Krokodil sein Unwesen treibt. (Ich nehme mal an, dass die Medien sich im Sommerloch durch Loch Ness inspiriert haben lassen)
Rückblickend bin ich sehr dankbar, wie sich meine Wahlheimat über die Jahre zum positiven entwickelt hat.

Jens Finke
  • before Daan Park aerial view
  • before Daan Park aerial view
  • inside the old Daan Park
  • inside the old Daan Park
  • International House Daan Park

Proteste zum Erhalt der Guanyin Statue

Im Februar 1994 kam es zu Protesten gegen die geplante Entfernung der Guanyin-Statue (持珠觀音). Die Guanyin-Statue in der nordwestlichen Ecke des Parks ist das einzige verbleibende Relikt aus der Zeit vor dem Daan Park. Sie wurde 1985 vom renommierten taiwanesischen Bildhauer Yuyu Yang (楊英風) geschaffen. Ursprünglich sollte die Statue zusammen mit den alten Gebäuden abgerissen werden. Dies führte jedoch zu heftigen Protesten, weshalb die Statue letztendlich im Park verblieb.

Um zu verhindern, dass die Guanyin-Statue zu einer Gebetsstätte für Buddhisten wird und schwer zu finden ist, wurden dichte Bambuswälder um sie herum angepflanzt. Später wurden Teile des Bambus durch einen Taifun zerstört, und die Guanyin-Statue ist nun wieder sichtbar. Ursprünglich war die Statue aus Bronze gefertigt, wurde jedoch später weiß überstrichen.

Guanyin Statue im Da'an Park in Taipeh
sign next to Guanyin Statue in Daan Park

Auf dem Schild neben der Statue steht sinngemäß: Diese Statue ist ein Kunstwerk und wurde von den Bürgern der Stadt gestiftet. Es wird darum gebeten, keine religiösen Aktivitäten wie das Niederlegen von Opfergaben, das Verbrennen von Räucherwerk oder das Beten an dieser Stelle durchzuführen. Trotzdem beobachtet man heute häufig Parkbesucher, die vor der Statue beten.

1994 Eröffnung des Daan Park

Im März 1994 wurde der Park fertiggestellt und offiziell eröffnet. Die jungen Bäume sind auf dem Luftbild kaum zu erkennen. Beim Bau des Parks wurde absolut nichts vom alten Gelände übernommen, mit Ausnahme der Guanyin-Statue. Sowohl die Straßen als auch die Eingänge zum Park wurden unabhängig von der ursprünglichen Geländeform gestaltet. Es wurde wirklich alles komplett neu gestaltet.

Daan Park aerial image from 1994

Nach 15 Jahren sind die Bäume im Park gewachsen und verleihen ihm nun das typische Parkaussehen. Auf der Nordseite des Parks ist die Baustelle für die Tamsui-Xiangshan MRT-Linie und die MRT-Station Daan Park sichtbar.

Daan Park aerial image from 2007

Probleme im Daan Park

bird watching in Daan Park

Obwohl bei der Planung des Parks viel Zeit investiert wurde, gab es bei der Umsetzung einen gravierenden Fehler. Die Bäume im Daan Park wachsen nicht so hoch wie es nach 22 Jahren zu erwarten wäre, und an einigen Stellen im Park wachsen sie überhaupt nicht. Das Problem liegt am Boden, der mit einer Mächtigkeit von nur 60-75 cm zu dünn ist.

Damals wurden lediglich die Häuser abgerissen und eine relativ dünne Schicht neuer Boden aufgebracht. Dabei wurde jedoch versäumt, die Betonfundamente der alten Häuser oder mögliche Altlasten aus dem Boden zu entfernen. Die alten Fundamente stellen nun eine Barriere für die Wurzeln dar und hemmen das Wachstum der Bäume. Ein weiteres Problem war, dass bei der Planung des Parks damals zwar Bauingenieure beteiligt waren, jedoch keine Experten aus den Bereichen Gartenbau, Botanik oder Baumbiologie einbezogen wurden.

Seit 2014 bemüht man sich in Zusammenarbeit mit Fachleuten aus Japan, die alten Fehler zu beheben und das Wachstum der Bäume zu verbessern. Es gibt zwei Zeitungsartikel (in Chinesisch) zu diesem Thema, die hier und hier verfügbar sind.


Luftbildquellen

Alle Luftbilder stammen von der Internetseite „Taipei Historical Maps“ vom Department of Urban Development.


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